Gästebuch Künstlerklause

Das Gästebuch bietet den Gästen die Möglichkeit, über ihre Arbeit, Erfahrungen und Eindrücke während des Aufenthalts in der Kartause Ittingen zu berichten.

Die Stiftung Kartause Ittingen stellt eine der ehemaligen Mönchsklausen Künstlerinnen und Künstlern, Schriftstellerinnen und Schriftstellern sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für stille Tätigkeiten zur Verfügung. 

 

August bis Mitte September 2023

Timeline
In den ersten Tagen spiele ich wie ein Kind mit Material und Ideen im Garten und der Landschaft. Wache unter der Holzdecke auf und frage mich, wie es wohl auszuhalten war vormals in der Kartause mit dem Schweigen und den wiederkehrenden Arbeiten. Sicher war nicht jeder Morgen so glücklich, wie meine eigenen hier. Soviel geschenkte Zeit! Es ist heiss und ich sitze häufig unten an der Thur- halte einen glatten Kiesel in der Hand… wie lange hat der Fluss gebraucht um diesen Stein zu schleifen? Ich fange an, Steine mit besonderen Zeichnungen und Markierungen, in Grautönen zu sammeln. Es ist nicht erlaubt Flusssteine zu entnehmen- die Faustregel gilt: so viel man mit den Händen tragen kann. Ich verbinde den Gedanken vom Klosterleben mit dem geschliffenem Kiesel und der Frage zur Zeitwahrnehmung. Ich werde auf jedem Gang zur Thur Steine sammeln, einen auswählen und die anderen wieder dem Fluss geben. Auf der Wegstrecke zähle ich die Atemzüge und die Schritte. Diesen Arbeitsgang wiederhole ich 100 mal, manchmal 3 mal am Tag. Das macht es vom freien Sammeln zur Arbeit. Es ist sehr heiss und schon mittelgrosse Steine werden zu Anstrengung. Jeder Stein bekommt eine Nummer, das Funddatum, Atemzüge und Schritte zugewiesen. Parallel zu diesem Prozess entstehen Filmaufnahmen am und im Wasser, die die Wellenbewegung und das Tempo der Thur auf der Wasseroberfläche abbilden. Je nach Geschwindigkeit ändert sich auch das Klangbild. Neben dem Sound visualisieren die Filme die (Schleif-) Kraft des Wassers und den Zeitverlauf – die timeline. Die Aufgabe strukturiert meinen Tag, ist zuweilen mühsam und erfüllend zugleich. Ich suche, finde, muss auswählen und die anderen wieder loslassen - dem Fluss zurückgeben. Und ganz nebenbei habe ich wunderbare Begegnungen mit Mensch und Tier. Ich lerne einiges - auch über mich. Es fällt mir sehr schwer das Projekt zu beenden… bedeutet es auch meine Zeit hier ist vorüber- diese unglaublich lange schöne Zeit! Ich nehme viel mit: zahlreiche Erinnerungen und Geschichten, Gelassenheit, neue Arbeiten und 100 Steine. Was für ein unglaubliches Glück!

Barbara Schmitz-Becker

Timeline, Barbara_Schmitz_Becker 2023,GB

Juli bis anfangs August 2023


ZWEITER BRIEF AN EINEN KARTÄUSER
Lieber Unbekannter
Hier bin ich wieder, in Deiner Mönchsklause, die mir als Schreibatelier dient. Weisst du noch,
wie ich das letzte Mal die Verbindungstür zum Kreuzgang entdeckte? Und wie ich über die
verwinkelte Durchreiche für das Essen staunte?
Nun, diesen zweiten Aufenthalt in Deinem Häuschen erlebe ich ganz anders als den ersten.
Das hat gewiss, aber nicht nur, mit der Jahreszeit zu tun. Es ist Hochsommer und manchmal,
wenn mir sogar innerhalb der dicken Mauern zu warm wird, packe ich meine Badesachen und
gehe an der alten Mühle vorbei zur Thur hinunter. Dort setze ich mich ins kniehohe Wasser
und lasse mich vom erfrischenden Nass umspülen. Dann fliessen auch meine Gedanken und
ich muss zwischendurch ans Ufer eilen, zu meiner Tasche, um aufzuschreiben, was mir
eingefallen ist. Hastig notiere ich nur Stichworte, damit nichts vergessen geht. Denn die
Hitze, der ich auf dem Rückweg ausgesetzt bin, macht meine Gedanken wieder träg.
Besonders gut mag ich die späten Nachmittage und die langen Abende, wenn vor dem
Häuschen Schatten liegt und ich mich draussen an den grünen Tisch setzen kann. Dort werden
aus den Stichworten ganze Sätze, die schon bald eine Seite füllen, dann eine zweite, eine
dritte und viele mehr. Derweil verfärben sich die grünen Zwetschgen am Baum violett. Und
die Birnen am anderen Baum werden grösser und erröten dabei leicht. Hin und wieder hüpft
eine Meise von Ast zu Ast, flattert ein Schmetterling über meine Notizen, saust eine Amsel
ums Eck. Eine Libelle schwirrt vorbei und schaut mich mit grossen Augen an. In der Hecke
raschelt eine Maus, vielleicht, weil die schwarze Katze nicht über den Rasen huscht.
Sobald die Bienen schlafen, gehe ich zum Thymian-Labyrinth. Bestimmt kennst Du es, denn
es ist einer sehr alten Klosterzeichnung nachempfunden. Gross ist es nicht, aber man braucht
doch sieben Umgänge, um in die Mitte zu gelangen und noch einmal sieben, um es wieder zu
verlassen. Innen- und Aussenwelt liegen dicht beieinander, mit einem Hüpfer über die
Thymian-Stauden könnte ich rasch den Standort wechseln. Aber ich folge lieber dem
verschlungenen Pfad und verweile so lange wie möglich in der Innenwelt. Meine Schritte
werden von Tag zu Tag langsamer. Einmal habe ich eine Schnecke überholt und mir
vorgenommen, beim nächsten Mal eine Weile hinter ihr zu gehen.
Doch plötzlich beginnt es zu regnen. Ununterbrochen regnet es, viele Tage lang, und auch ich
regne, bis meine Haare triefen vor Traurigkeit. Ich gehe in den kleinen Kreuzgarten und
summe einen Blues, der von Abschied handelt, so leise, dass nur Du ihn hören kannst.
Vielleicht summst Du still mit, denn Du kennst das Lied von der Vergänglichkeit. Memento
mori heisst es, gell.
Danke fürs Gastrecht!
Alexandra von Arx

 

Juni 2023

Nach 23 Tagen in einem anderen Rhythmus, abseits des Alltagstrubels, gehe ich mit reichlich Bildmaterial nach Hause. In den nächtlichen Stunden im Garten, erhellt von Mond und Sternen, hatte ich Zeit, meine bisherigen Arbeiten zu reflektieren und Neues zu entwickeln. Eine Arbeit während meiner Zeit in der Klause, 100 Abdrücke verschiedener Blätter von der Hainbuchenhecke die den Garten zäumt.
Patrick Maier

Foto
Cyanotypisches Pflanzenphotogramm

März/April 2023

Eine Blumenwiese entsteht
33 Tage durfte ich diesen Satz auf dem Schild im Garten anschauen. Für mich wurde das zu einem Statement. 33 Tage in der Atelierklause, 33 Tage Rückzug, 33 Tage Selbstbestimmung. Was für ein Geschenk. Dafür mein herzlichstes Dankeschön!
Jeder der 33 Tage entwickelte sich vom Morgen bis zum Abend jedes Mal und immer wieder aufs Neue. Meine eigene Zielsetzung: Klausur in der Klause! Übergang vom Erwerbsleben wieder zur (künstlerischen)Selbstständigkeit als Sprecherin, Autorin und Trauerrednerin, mit einer Bewegung im Dreieck zwischen Denken, Sprechen und Schreiben.
Schaue ich zurück: Die Energie an diesem Ort liess mich in das Denken, Schreiben und Sprechen von (fiktiven) Trauerreden, (-das ist nicht überraschend) stark eintauchen.
Das Denken drehte sich zu Beginn ein wenig im Kreis, das Schreiben an meinen Kurzgeschichten kam etwas zu kurz, aber am Ende gaben diese 33 Tage wertvolle und persönliche Impulse.
Meine persönliche Blumenwiese wird also entstehen!
Jetzt noch einmal den Ittinger Walk erleben, einen Mokka-Joghurt kaufen, die über 200 Schritte im Labyrinth gehen und «Auf Wiedersehen» sagen.
Regina Wurster

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Fotografin: Sarah Ley



August / September 2022


Fünf kostbare Wochen Leben und Arbeiten in der Atelierklause liegen nun schon wieder hinter mir:
Mein künstlerisches Arbeitsvorhaben stand unter dem Thema VANITAS – Schönheit und Vergänglichkeit oder die Schönheit in der Vergänglichkeit. Es sind zahlreiche Naturstudien in Aquarell, mit Graphit/ Buntstift, Tusche, in Mischtechnik sowie in Acryl auf Papier wie auch auf grundierten Leintüchern entstanden. So viel letzte Schönheit finde ich in dem Vergehenden, Verwelkten. Das Memento Mori zieht sich leitmotivisch durch meine Arbeit.
In diesem Garten Eden hier war ich umgeben von vielfältigen Inspirationen für meine «Ittinger Studien». Im Garten «meiner» Klause, auf den Feldern, in den Anlagen und im Museum habe ich gezeichnet und gemalt. Das Miterleben von Reifen und Ernten, die Auseinandersetzung mit dem Leben der Kartäuser, wie auch meine Teilnahme an Angeboten von Tecum, sind in meine Arbeit eingeflossen. Hier, wo sich Himmel und Erde berühren, ist die spirituelle Kraft der Kartäuser Mönche noch spürbar und erlebbar.
Die Abende in der Klause waren etwas einsam; aber das Alleinsein war eine wichtige Erfahrung für mich.
Diese fünf Wochen ungestört, ohne die Verpflichtungen des Alltags und ohne Ablenkungen zu arbeiten und meine Kunst weiterzuentwickeln, das war ein wunderbares Geschenk.
Mit reicher Ernte bin ich nach Hause zurückgekehrt; und manchmal habe ich schon Heimweh nach dem stillen, intensiven Leben in «meiner» Klause.
Mein herzlicher Dank für diese einzigartigen fünf Wochen Residenz in der Atelierklause geht an die Leitung der Stiftung Kartause!
Heidi Reubelt, Gaienhofen-Horn, im Oktober 2022
www.heidireubelt.de


Mensch, kümmere Dich um Deinen Schatten_Aquarell_Tusche



Juni/Juli 2022

Die Kartause ist der beste Ort der Welt.
Man arbeitet ohne Hektik, man erfindet Geschichten ohne Mühe, man nimmt seine Romanfigur auf einen Spaziergang zur kleinen Kirche oben in Warth, und man kommt mit drei Figuren zurück. Man hört viel mehr, als man sieht: Morgens die heiteren Menschen, die sich hinter der Hecke um die Blumen- und Gemüsebeete kümmern, nachmittags die Spaziergängerinnen und Spaziergänger, man erkennt sie daran, dass sie immer wieder stehen bleiben und einander auf etwas hinweisen. Abends sorgen die Vögel für den Soundtrack. Sie sind die lautesten, und man möchte gerne glauben, was vermutlich nicht stimmt: dass sie bloss fröhlich plaudern, ohne Streit und ohne Groll. Nur die schwarze Katze, die hört man nicht, sie ist auf einmal da, und sie setzt sich mit einer Gelassenheit auf den Stuhl gegenüber, um die man sie nur beneiden kann.
Die Kartause ist der beste Ort der Welt.
Karl Rühmann

Foto Gästebucheintrag - Kopie




Mai 2022

Mein Aufenthalt in der Atelierklause
Als Städterin war ich gespannt was für Auswirkungen die Abgeschiedenheit, die Stille, die Natur auf mich und die künstlerische Arbeit haben wird.
Zuerst herrschte totale Euphorie und dann auch leise Bedenken und jetzt? Ankommen bei mir und in der neuen Umgebung.
Der Aufenthalt war ein wunderschönes Erlebnis für alle Sinne - rundum Rebberge und Grün, ich wurde von über 1000 blühenden Rosen- und Pfingstrosen umrahmt und von ihren verführerischen Düften betört, Vogelgezwitscher und Grillenchöre im Ohr und majestätisch kreisende Milane am Himmel.
Der Barockgarten mit dem kleinen Springbrunnen in der Mitte, Gemüse, Kräuter und Blumen in der Gärtnerei und ein Labyrinth mit duftendem Thymian haben mich jeden Tag erfreut.
Mir ist eine sehr lustige ganz schwarze Katze über den Weg gelaufen - sie hat mich ein Stück weit begleitet und ist mir immer wieder begegnet.
Die Atelierklause ist ein Traum - ich konnte gut arbeiten an einem langen schönen Holztisch und die Kreativität konnte fliessen in alle Richtungen - die Idee für eine
ortsspezifische Installation mit alten Rebstöcken, Fotografien und neue Bilder sind die Ergebnisse dieses Aufenthaltes.
Die Morgen- oder Abendspaziergänge entlang der Felder an die Thur und in den Wald fehlen mir hier in der Stadt - ebenso der erste Kaffee mit Blick ins Grüne und in den Himmel.
Ich habe viel gelernt von der Natur und den Tieren. Das Licht am Morgen und am Abend - immer wieder anders - und in der Nacht die vielen Sterne rundeten den Tag ruhig ab. Das Beobachten und die Achtsamkeit wurden Teil des Tagesablaufs.
Ich möchte mich herzlich bedanken für die inspirierende Zeit, die ich in Atelierklause verbringen durfte.
Mara Mars
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März/April 2022

Was für ein großes Glück!
Im März/April 2022 durfte ich erneut Zeit in der Atelierklause verbringen.
Mein Vorhaben war, Skizzen, die ich während eines Arbeitsaufenthaltes im Herbst 2021 auf Rügen gemacht hatte, nun malerisch umzusetzen.
Für mich eine neue Herausforderung, da ich mich vorher noch nie mit Malerei beschäftigt hatte. Während 5 Wochen in der Klause ist mir der große Sprung auf kleine Leinwände gelungen. Ein Anfang ist gemacht, mich im Laufe der Zeit auch an größere Format zu wagen.
Mein herzlicher Dank gilt der großen Freundlichkeit und Großzügigkeit aller Mitwirkenden, die uns Kunst- und Kulturschaffenden diese Möglichkeit bieten, in Ruhe und wunderschöner Umgebung sich einem Arbeitsvorhaben zu widmen, das während des Alltags in dieser Intensität nicht möglich wäre.
Die mit Bedacht und Geschmack renovierte Atelierklause bleibt ein wunderbarer Sehnsuchtsort.
Von Herzen mein großer Dank!
Susanne Smajic


S.Smajic - Aufenthalt Künstlerklause 2022-1


S.Smajic - Aufenthalt Künstlerklause 2022-3


S.Smajic - Aufenthalt Künstlerklause 2022-6


Oktober/November 2020

Worauf ich mich schon vor meinem Aufenthalt gefreut habe? Auf das Klingen der Stille, nachts, wenn ich im Bett liege und nachdenke. Auf den ruhigen Rhythmus der Tage, auf das Abtauchen in mich selbst. Auf die Recherchen für meinen neuen Roman ...
Im Sommer 2018 war ich das letzte Mal in Ittingen. Damals stellte ich das gesamte Konzept für meinen neuen Roman fertig. Die komplexeste und vielleicht auch schönste Arbeit an einem Projekt.
Im Oktober 2020 erhielt ich die Korrekturfahnen dieses Romans. Ich musste den Text umschreiben, Kapitel streichen, Passagen verschieben, Passagen neu schreiben, wieder umschreiben und wieder streichen. Kam ich am Ende des Textes an, begann ich wieder von vorne. Es war wie in einer Endlosschleife. Und ich wusste, in sechs Wochen muss die Sache abgeschlossen sein. Am Anfang ging das alles noch gut, aber mit den Tagen schliff sich eine Erschöpfung ein, die mich nachts nicht mehr schlafen ließ. Schlief ich schließlich doch ein, kroch die Geschichte des Romans in den Schlaf nach und ich wachte wieder auf, lag stundenlang wach im Bett und sehnte mich trotzdem wieder nach dem Morgen, um dem Ziel ein Stück näher zu kommen. Nach sechs Wochen konnte ich den Text endlich loslassen. Ich war glücklich und zufrieden. Und in mir war das Gefühl, dass sich der Text an das theoretisch Mögliche angenähert hatte.
Ich war in diesen Wochen abgetaucht, ganz tief. Ich habe die Wochentage aus dem Blick verloren, die Zeit, alles. Ich war im Text, ich war der Text. Und danach, nachdem die Erschöpfung nachgelassen hatte, wusste ich. Wenn ich diesen Rückzugsort, diese Einsamkeit nicht gehabt hätte, wäre dieses Fokussieren auf diese einzige Sache nicht möglich gewesen. Und dafür möchte ich mich bedanken. Für den Raum und die Zeit, die mir in der Klause Nummer V geschenkt wurden.
Jürgen-Thomas Ernst


September 2020

Zwölf Jahre. So lange war ich schon nicht mehr in der Kartause Ittingen. Dennoch, in meinem Kopf existierten von meinem letzten Besuch noch viele schöne Bilder. Von der gepflegten Anlage, der ruhigen Betriebsamkeit, dem unkomplizierten, freundlichen Empfang sowie der gemütlichen Klause mit ihrem Kachelofen und dem adretten Vorgarten.
Mehr als eine Dekade später tauchten viele dieser Erinnerungen wieder auf. In natura. Als überwältigendes Déjà-vu. Schon kurz nach der Abfahrt von der Autobahn, am Rand von Frauenfeld konnte ich die Anlage der Kartause vor mir am Hügel von weitem erkennen. Die Fahrt durch Warth hatte ich zwar anders im Gedächtnis, aber nach der letzten Kurve war mir der Weg wieder vertraut.
Der Parkplatz war gut besucht. Am Weg zum Empfang musste ich stehenbleiben und schmunzeln. Der singende Weihnachtsbaum war dichter und größer als das letzte Mal. Offensichtlich wurde er erwachsen. Welch geniales Kunstwerk!
Später saß ich im Garten vor der Klause, genoss die Ruhe, den Duft der Kräuter und die Aussicht auf den Weinberg. Hier fühlte ich mich sofort wohl und geborgen.
Über der Kirche am Berg kreisten Raubvögel. Wenn sie den Revieren der Krähen zu nahe kamen, wurden sie lautstark von jenen bedrängt und die Stille brüsk durchbrochen. Ein interessantes Schauspiel an einem magischen Ort.
Das Wetter meinte es gut mit mir, ich hatte nahezu während meines gesamten Aufenthalts hochsommerliche Temperaturen, obwohl der Kalender bereits den Herbst ankündigte. Ich malte tagsüber im Garten und am Abend am großen Tisch in der Klause. So entstand eine Menge Gemälde für meine nächste Ausstellung.

Daque_Jetzt_im_neuen_Design
Die Zeit verging mir viel zu schnell. Je näher meine Abreise kam, desto stärker wuchs die Wehmut. Aber ich war glücklich und sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit bekam, an diesem inspirierenden Kraftort gewesen sein zu dürfen.
Mein tiefer Dank für diese wunderschöne Zeit gilt all jenen Personen, die mir den Aufenthalt ermöglichten und mich über diese Zeit betreuten.
Kurt DAQUE
www.daque.eu


August 2020

Während fünf Wochen in der Künstlerklause bestand mein Projekt darin, jeden Tag 7 Zeichnungen auf A4 Papier im Umfeld der Kartause zu zeichnen. Dabei sind nun 245 Skizzen entstanden, eine Sehspur, ein Tagebuch des Gesehenen.
In jedem Moment, mit offenen Augen, stehen sie da, die Weltwunder, Dinge zum Staunen, All-täglichkeiten. Unsere all-täglichen Dinge sind letztendlich All-dinge, Kreationen aus dem unendlichen Raum gewachsen, geschöpft, gebunden in der Zeit, erscheinen und vergehen sie die Dinge, und bei genauem Hinsehen, ein jedes Ding Universum.
Karl A. Fürer
www.karlfuerer.ch


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Juni 2020

Ich darf zum zweiten Mal hin zur Künstlerklause.
Die Vorfreude ist gross und das Ankommen vertraut.
Da ist der Duft, der getrockneten Minze.
Da sind Milane, die lautlos über den Gärten kreisen.
Da ist mein Häuschen, das eine Zeit der Ruhe und der Freiheit verspricht.
Das Labyrinth inspirierte mich in den nächsten Wochen zu verschiedenen Werken.
Das grosse Labyrinth, welches ich in der Klause angefangen habe, werde ich vielleicht
nie vollenden, ich werde immer auf dem Weg dazu sein.
«Innen ist aussen
Und aussen ist Innen
Dort wo du nicht bist
Ist meistens die Mitte»
Wieder Zuhause angekommen, schaue ich mit Dankbarkeit auf diesen
besonderen Sommermonat zurück.
Ueli Hofer, Juli 2020


zur Mitte
Zur Mitte


Erdfelder
Erdfelder


Labyrinth
Labyrinth, noch vollendet


November / Dezember 2019

Ein Schritt zurück ins Vertraute, sich neu verorten, weiterfahren
Den Aufenthalt in der Kartause Ittingen habe ich in vielerlei Hinsicht intensiv genutzt.
Zum einen war da der Heilungsprozess meines Knies, zum anderen die Auseinandersetzung und Arbeit mit der Malerei.
Am Tag des Einzugs in die Klause kam ich an Gehstöcken, nachdem ich mich drei Tage zuvor einer Knieoperation unterzog. Bereits zwei Tage später lief ich durch Felder und Wege der Thur entlang, kilometerweit ohne grössere Beschwerden. Mein Aufenthalt hat mir zur Entschleunigung meines Alltags verholfen, darin konnte ich mich konzentriert meiner künstlerischen Arbeit widmen, einen neuen Werkzyklus beginnen und fast nebenbei sind mir neue Wege entstanden, die ich nun beschreiten darf.
Die sechs Wochen bedeuteten für mich eine Zeit des Innehaltens, des sich Ordnens und auch neu Orientierens.
Die Zeit, umschlossen von den dicken Klostermauern, floss gefühlt langsamer als üblich. Das ermöglichte mir sehr fokussiert und konzentriert zu arbeiten. Das erste Bild entwickelte sich schnell, die Lockerheit mit der sich das Bild malte und formte überraschte mich selbst. Ebenso leicht schien die Genesung meines Knies vonstatten zu gehen. Ich genoss den Raum, die Stille darin, auch das zurückgezogen sein, die Nähe meiner vertrauten Umgebung.
Seit ich Hüttwilen vor 20 Jahren zwecks meiner Berufsausbildung verlassen habe, gab es keine längere Periode mehr, in der ich mich in meiner Heimat aufgehalten habe, ich kam zwar regelmässig zu Besuch bei Familie und Freunden, geblieben bin ich jedoch selten länger als eine Nacht.
Die Auseinandersetzung mit meiner mir altvertrauten Umgebung hatte etwas Sonderbares. Einerseits war da das Gefühl des Vertrauten, das Aufgehoben sein in der Landschaft, die Weite des Blicks und das Schweifen der Gedanken. Andererseits fühlte ich mich auch zurückversetzt, stellenweise beengt und eingeholt von alten Denkstrukturen. Die Notwendigkeit mich in meinem alltäglichen Leben neu zu verorten und Impulse zu setzen für Veränderung war präsent. Im Rückzug hatte ich die Möglichkeit meine Werte, meine Lebenssituation sowie meine Wünsche mit etwas Abstand zu beobachten. In meinem oft recht schnellen und gefüllten Alltag ist die Zeit für längere Reflektion knapp. Der Aufenthalt in der Klause verhalf mir auch dazu Entscheidungen zu treffen und fast noch wichtiger, gewünschte Veränderungen in die Wege zu leiten.
Darauf baue ich jetzt. Die intensive Konzentration auf die Malerei und der Arbeitsfluss setzt sich fort.
Bettina Mürner, Februar 2020

Oktober 2019

Malaufenthalt Kartause Ittingen
Mildes Herbstlicht, leuchtende Farben, Erntezeit und das darin eingebettete prächtige Klosterensemble – diese Ingredienzen, prädestiniert fürs Malen, hatte ich mir erhofft; denn ich kannte die Kartause, ihre Herberge, ihr Museum und ihre wunderschöne Umgebung bereits aus zwei Kurzaufenthalten als Zwischenstation auf der Durchreise. Und ich hatte Glück. Den gesamten Oktober über mit nur wenigen Ausnahmen durfte ich diese Atmosphäre erleben. Sie hat mir täglich neue Motive und neue Energien zum künstlerischen Arbeiten verschafft. Und ich habe sie ebenso als große persönliche Bereicherung in der langen Zeit der Abgeschiedenheit des Kartausenlebens empfunden.
Was ich nach den ersten Tagen gelernt habe: das zurückgezogene und einfache Leben ohne wirkliche Verpflichtungen in der Kartause ernötigte eine besondere Disziplin, es bescherte mir aber ebenso eine besondere Leichtigkeit des Daseins; so dass am Ende fast jeder Tages ein produktives malerisches Ergebnis zustande kommen ließ.
Die vielen Eindrücke aus dem unmittelbaren lebendigen Umfeld insbesondere der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Arbeiten, die sich jetzt auf einem letzten, aber auch schnell vergehenden Höhepunkt des Jahres befanden, und die Begegnung mit den Menschen, die damit befasst waren: dies alles weckte jeden Tag aufs Neue in mir das Bedürfnis, daraus gewonnene einfache Motive oder Details aus zuweilen ungewohnter Perspektive malerisch auf vorwiegend kleine Formate umzusetzen. Jedenfalls schien mir diese Fokussierung angesichts des Lichts, der schnell kürzer werdenden Tage und mancher Unwägbarkeiten des Wetters am ehesten angemessen. Dafür wählte ich neben wasserlöslichen Farben auch Ölfarben und vielfach die Spachteltechnik als prädestinierte Ausdrucksmittel. Einzelne bisherige Erfahrungen mit der Spachteltechnik konnte ich hier nutzen und neue vertiefte Erkenntnisse, Fertigkeiten und Anwendungsmöglichkeiten gewinnen. Sie bedeuten für mich eine große Motivation, darin weiter produktiv zu arbeiten.

So sind insgesamt in der für mich künstlerisch sehr intensiven Zeit viele Bilder entstanden – vier davon habe ich hier ausgewählt, zusammen sind sie auf meiner Website www.anke-bittrich.de in einer eigens gekennzeichneten Rubrik zu finden.


Foto 1


Foto 2


Foto 3


Foto 4

Jetzt, in einigem Abstand zu meinem Aufenthalt in der Kartause, kommt mir die Zeit dort noch wertvoller vor; dies nicht nur wegen der künstlerischen Ergebnisse, sondern auch wegen der atmosphärischen Eindrücklichkeit, mit der diese Tage und Wochen Energien freigesetzt haben. Es war zum einen durchaus ein „zurückgezogenes Leben in Einsamkeit und Schweigen“ (so pflegte es ehedem der Kartäuserorden), es war vor allem aber auch prall gefüllt mit inspirierenden atmosphärischen Erlebnissen der näheren und auch weiteren Umgebung. Dazu gehörten auch tägliche Erkundungen, etwa zu den Bauern in den umliegenden Dörfern, bei denen man sich vorzüglich mit frischen Lebensmitteln versorgen konnte, bis hin zu Wanderungen am Bodensee, insgesamt ein landschaftlich reiches Spannungsfeld mit immer neuen Anreizen zu Bildmotiven.

Mit einigem Wehmut blicke ich nun darauf zurück. Aber vielleicht gibt es ja ein Wiedersehen.
Herzlichen Dank an alle, die diesen Aufenthalt ermöglicht und mir angenehm gestaltet haben!

September 2019

Ittinger Garde
Angekommen war ich mit einer bestimmten Idee.
Abgereist bin ich mit einer ganzen Garde guter Gedanken.
Nach ein, zwei Tagen war klar, hier ist alles anders. Ein neues, eigenes Projekt
formte sich: die Ittinger Garde. Ausgehend von Pflanzen, die ich in der Kartause oder
deren Umgebung gefunden habe, sind Texte und Drucke entstanden, die Charaktere
von Pflanzen fassen und abbilden und darüber hinaus poetische Geschichten
erzählen. Pflanzen-Portraits der besonderen Art, die mich in Ittingen und darüber
hinaus begleiten werden. Ich hoffe, dass die Ittinger Garde als Buch erscheinen kann.
Die Klause ist ein besonderer Ort. Inmitten der Gärten, umgeben von herrlicher Kulturlandschaft, angefüllt mit Ruhe und Ausgeglichenheit. Wie auch alle meine
Vorgänger berichten, so konzentriert sich an diesem Ort Intensität und
Reduktion. Ideal für konzeptuelle künstlerische Arbeit.

Darüber hinaus bin ich ebenso begeistert von der Kultivierung dessen, was Ittingen
mittels Intensität und Reduktion ausmacht: die Anlage der Gärten, die Landwirtschaft
mit ihren vielen hochwertigen Produkten, das fantastische Museum, das Hotel und
Restaurant, die Gärtnerei; alle Teile werden getragen von einem erstklassigen Team,
von Menschen, die mit Freundlichkeit und Konzentration daran arbeiten, die Kartause Ittingen zu einem ganzheitlich ästhetischen Ort zu machen, das gilt insbesonders auch für die betreuten Mitarbeiter! Ich habe hier viele interessierte und freundliche Menschen getroffen, die zu recht stolz auf ihre Arbeit sind. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind mir Anregung und Inspiration gewesen.
Allen einen herzlichen Dank!
Foto 1

Reinhard Krehl
www.reinhardkrehl.de

August 2019

Ich war lange nicht mehr da gewesen
Die Bilder schienen weit entfernt. Aber dann war vom ersten Augenblick an alles wieder vertraut: der Kiesweg mit den überhängenden Ästen der Rosenstauden, der Blick von der Haustüre der Klause aus auf den Weinberg und die Kirche auf dem Berggrat, das Stimmengemisch der arbeitenden Menschen im Garten, der Platz am Schreibtisch, die Stille in der Klause, die Nebelschwaden am Morgen über der Thur, die noch blühenden Nachtkerzen, wenn ich am frühen Morgen an ihnen vorüberging. Nichts in dieser Umgebung hatte etwas Drängendes. Die Tage öffneten sich wie Schalen, in die ich meine Gedanken legen konnte, aus denen sich Sätze formten, ohne Hast. Die Sätze wurden jeden Tag mehr, veränderten sich, verschwanden und wurden durch andere ersetzt; es entstanden Seiten, ein Kapitel. Ich war glücklich am Schreibtisch und freute mich auf die Pausen; auf die Tageszeitung, durch die ich erfuhr, was sich in einem anderen Land ereignete und was man dort dachte oder auf das andere, das literarische Schreiben in den Büchern, die ich mir in dem Buchladen in Frauenfeld besorgte oder auf die Abende am und im See. Die Tage waren rund; es geschah nicht viel und doch war ich voller neuer Gedanken, Eindrücke, Bilder. So ging ich weg.
Christina Schachtner, Medienwissenschaftlerin und Soziologin

Juni/Juli 2019

Klause Nr. V: 17. Juni bis 18. Juli
Was für ein grosses Geschenk. Eine Mönchsklause für mich allein. Zeit für mich allein.
Der grosse Tisch, darauf ausgelegt die vielen Farbstifte neben dem weissen Papier. Vom nahen Wald Rindensplitter, kleine abgebrochene Zweiglein mit zartbunten Flechten.
Immer da: die Ruhe,.. und Geräusche. Das Konzert der Amseln. Das Plätschern des nahen Brunnens. Das Stundenschlagen des nahen Kirchleins über dem Weinberg, das Geläut zu Beginn des Tages, am Mittag und Feierabend. Stimmen: es wird gearbeitet in der Gärtnerei nebenan. Und immer diese Ruhe. Gehe in den Garten, immer wieder ins Museum. Am Abend warte ich in meinem Gärtlein auf den Besuch des Igels und das Leuchten der Sterne. Ich lese und schlafe viel. Ich könnte lange bleiben.
Die Arbeit. Ein graues Stücklein Rinde liegt vor mir. Mit Farbstift zeichne ich, beim genauen Hinsehen tauchen Farben auf: Avocado-, Schilf-, Laub- und Smaragdgrün, Jade und Reseda, Kanarien-und Sonnengelb, Mais und Safran, alle Schattierungen von Grau und Braun.
Zeit nach Hause zu gehen. Ich bin zufriedenmit meiner Arbeit; mein neues Projekt “Wald“ ist gut gestartet und ich freue mich zu Hause im Atelier fortzusetzen, was ich hier begonnen habe. Ich fühle mich ausgeruht!
Was ich in meinem Herzen mitnehme, wird immer bleiben.
Ich danke für dieses wunderbare Geschenk.
Annemie Lieder



Klause IV
An manchen Tagen flogen die Worte einem leicht zu, an anderen verhedderten sie sich in der Hecke oder blieben in den Ästen der Zwetschgenbäume hängen. Man muss Worten Zeit lassen, sie kamen lieber, wenn man sie nicht drängte.




In der Kartause gibt es viele Ecken, Pfade und Sträucher hinter denen sie sich verstecken können, damit man sie länger sucht und glücklicher findet.



Juli 2019


Man verlässt diesen wundersamen Ort mit Wehmut, denn man ahnt, dass man die besten Worte noch nicht gefunden hat.

Karl Rühmann

April / Mai 2019

Ein weiteres Mal durfte ich wiederkehren, um sechs Wochen zu zeichnen.
Mein letzter Aufenthalt auf Ittingen war im Herbst 2017, da bin ich hinaus gezogen und habe an den Seeufern und überall in der Natur gezeichnet. Diesmal war ich zur Frühlingszeit in der Atelierklause und ich habe mich dem Thema „Tier in der Zeichnung“ gewidmet. Dafür habe ich Schweizer Zoos besucht, um dort zu skizzieren. Anschließend, in der Klause, habe ich die Zeichnungen nachgearbeitet. Gedanklich hat mich das Thema exotischer Tiere in Gefangenschaft sehr beschäftigt. Mein Zeichnerinnen-Herz war begeistert von der Möglichkeit, herrliche Tiere aus nächster Nähe zu zeichnen. Und gleichzeitig empfand ich es sehr bedrückend, diese schönen Geschöpfe auf stark begrenztem Raum unendlich gelangweilt und mit leerem Blick auf- und abwandernd zu sehen…
Nichts desto Trotz war mein Aufenthalt auf Ittingen wieder unbeschreiblich reich und schön und ein großes Geschenk!
Mein herzlicher Dank für diese einmalig intensive und bereichernde Zeit gilt allen, die dies möglich machen.
Ihre Susanne Smajic
www.susanne-smajic.de


Foto Websiteeintrag I


Foto Websiteeintrag II


Foto Websiteeintrag III


November/Dezember 2018


Vom Morgenleuchten bis zum Abendschimmern
Foto 4
Arbeitsauszeit in der Klause.
Jeden Morgen grüsst die Natur durch die Einfachverglasung der Fenster. Mal hüllt der Novembernebel den Garten in ein zartes schallschluckendes Grau, mal zeigt sich der Herbst in Gelb, mal in Orange-gestreift und an besonders guten Tagen sogar noch einmal in Grün. Eine Farbenpracht wie gemacht für ein visuelles Schmausen in der Natur. Eines Fotografinnenauges in jeder Farbe würdig.
Auch das Sonnenlicht spielt seine Möglichkeiten in Gänze aus. Selten ist es zu hell zum Fotografieren, so dass der Mittagsschatten zu hart ausfallen würde. Dafür ist es an jedem sternenklaren Nachthimmel so dunkel, dass das Stativ für eine kleine Ewigkeit stillstehen muss. Alle Lichtnuancen zwischen Morgenleuchten und Abendschimmern bieten genug Raum für dichte Fotomotive.

Zwischen Fluss und Berg, am Hang in der Sonne liegt meine Klause und lässt mich Abstand von der Stadthektik gewinnen, Zeit finden, Schreibprojekte voranzutreiben oder sie zu beenden. Eingebettet in das wohlfunktionierende Gefüge eines Klosters, ist die Kargheit weich gebettet. Jede Reduktion des Alltags ist wohlwollende Zutat für die Kreativität. Ein Blick aus dem Fenster auf den Rübenfabrikdampf entschädigt für kalte Füsse, denen der grüne Kachelofen eher langsam einheizt. Kurz vor dem Gefühl der Vereinsamung füllt der Besuch im Klosterladen nicht nur Kühlschrank und Magen neu, sondern bestückt auch das Kontaktregal mit neuen Begegnungen.
Im Wald oberhalb des Klosters ist die Ruhe greifbar, die Erde modrig. Sie macht sich fertig für den Winter. Herbstrunden zu Fuss, Gedanken im Kopf und der Stift tanzt zwischen den Fingern.
Ertrag ergiebig, von Herzen dankend.
M.H.S. im Dezember 2018

Oktober 2018

Sofort bin ich zuhause hier in meiner Klause. Jeden Morgen geht der Blick hoch zur kleinen Kirche am Berg, mitunter in dichten Nebel gehüllt.
Verortung. Ja, das fällt mir als erstes ein zu meiner Zeit in der Kartause Ittingen. Ordnen der Gedanken, der vergangenen Projekte, der aktuellen Arbeit. An diesem schönen stillen Ort klärt sich so manches, das sich noch ungereimt in meinem Kopf verknotet hat. Wahrnehmungsstudien zur Standortbestimmung stehen am Beginn meines Aufenthalts ...
... dann gibt es da noch dieses mitgebrachte Thema: die Welt, die aus den Fugen gerät. Um „Theorien des Bösen“ geht es in dem Buch auf meinem Arbeitstisch – eine beklemmende Auseinandersetzung mit den dunklen Seiten des Menschseins. Beginnend bei Adam und Eva, dem biblischen „Mythos des Sündenfalls“, führt es mich in die Tiefen der Kultur- und Menschheitsgeschichte. Erste Ansätze einer künstlerischen Bearbeitung tun sich auf: Gefaltete Vögel mit schaurig-schrecklichen Motiven aus der aktuellen Gemengelage unserer globalen Welt. Wie gut, bei Streifzügen in den Ittinger Wald immer wieder den Kopf (und Geist) zu lüften.
Gästebuch 2

Ein ganz ganz dickes Dankeschön an die Kartause Ittingen für diese unglaublich bereichernde Zeit!

Monika Drach







Ein magischer Ort
2018 ist für mich ein Jahr des Umbruchs: ein Lebensabschnitt endet, ein neuer beginnt.
Es stehen Abschiede, Wandel und Neubeginne an, vieles wird sich verändern, vieles wird aber auch gleich bleiben. Diesen Übergang wollte ich zelebrieren mit einer einmonatigen Retraite, die mir die Gelegenheit geben würde, mich intensiv mit der Veränderung auseinander-zusetzen, zurück und voraus zu schauen, und gleichzeitig der einen Konstante in meinem Alltag, für eine begrenzte Zeitspanne, uneingeschränkten Raum zu geben, indem ich mich vier Wochen lang, ausschliesslich auf mein künstlerisches Schaffen konzentriere.
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Ich hätte mir für diese Retraite keinen besseren Ort aussuchen können als die Kartause Ittingen. Eine Insel eingebettet in wunderschöner Landschaft, ein Ort voller Lebendigkeit im hier und jetzt und gleichzeitig voller Stille und Besinnlichkeit in den ehrwürdigen alten Mauern. Ein Ort der Ruhe und Kraft, für mich ein magischer Ort.
Ich habe hier bei herrlichstem Herbstwetter vier wunderbare, arbeitsintensive, meditative, erholsame und bereichernde Wochen verbracht.
Vielen Dank, dass ich hier sein durfte!
Cécile Trentini



September 2018

Meine Seele ist gefüllt mit schönen Bildern.
Es sind Bilder von einem goldenen Herbst, Streifzügen durch die Natur, Blumen und Pflanzen, Ruhe und Stille.
Vom ersten Moment an, fühlte ich mich in der Kartause wohl und geborgen. Alles war da.
Drei Wochen konnte ich mich konzentriert in meine Arbeit versenken und aus den alten Klostermauern stiegen neue Impulse.
Ueli Hofer
Paradies zwischen Himmel und Erde
"Paradies zwischen Himmel und Erde" geschnitten in der Klause (September 2018)

Juli / August 2018

Wenn ich an den letzten Sommer denke ...
Wenn ich an den letzten Sommer denke, höre ich Sprenkelanlagen und Wasser auf große Blätter regnen wie auf Dächer von Zirkuszelten.
Wenn ich an den letzten Sommer denke, sehe ich vergilbtes Gras und Äpfel, die viel zu früh aus den Kronen der Bäume auf den Boden gefallen sind und ich rieche diesen Duft, der aus Hunderten von Äpfeln strömt.
Wenn ich an den letzten Sommer denke, blicke ich unter Wasser gegen grünes Wasser. Ich tauche und kühle meinen erhitzten Kopf. Davor bin ich stundenlang auf dem Fahrrad durch die Hitze gefahren.
Wenn ich an den letzten Sommer denke, liege ich in einem Zimmer in einem Bett und blicke gegen Holzbalken. Es ist so still, dass ich es beinahe nicht fassen kann. Manchmal glaube ich in der Stille sogar das ferne Sirren von Mücken zu hören. Aber da sind keine Mücken. Es ist nur das Sirren der Stille und das Rauschen meines eigenen Blutes.
Wenn ich an den letzten Sommer denke, sitze ich vor meiner Klause Nummer fünf in der Kartause Ittingen und esse zu Abend. Rösti mit Tomaten und Käse. Vorne sehe ich den Weinberg und die Kirche. Die Sonne steht tief und der Mann von der Sicherheitsfirma geht vorbei. Er grüßt mich. Wir kennen einander schon seit Wochen.
Wenn ich an den letzten Sommer denke, wache ich morgens auf und blicke gegen die blauen Vorhänge, die etwas zur kurz sind. Dort, wo der Stoff der Vorhänge aufhört, leuchtet die Sonne ins Zimmer. Draußen hat wieder ein wolkenloser heißer Tag begonnen. So wie gestern, vorgestern und letzte Woche. In meiner Erinnerung war der letzte Sommer ein einziger blauer Himmel. Und immer wieder sage ich mir: Das war vermutlich der schönste Sommer meines Lebens ...
Jürgen-Thomas Ernst

Juni / Juli 2018

Welch ein fantastischer Sommeranfang. Dem Loblied meiner Vorgängerinnen und Vorgänger über diesen Kraftort schliesse ich mich schweigend an.
Sechs Wochen, wann immer ich will, schweigen, schweigend arbeiten, schweigend lesen, schweigend meinem Rhythmus folgen, schweigend zuhören, schweigend innerwärts lachen, schweigend DASEIN. Noch nie habe ich so viel und so bewusst geschwiegen.
Es war nicht immer still, mein Schweigen, doch wenn sich das Schweigen und die Stille getroffen haben, war es unbeschreiblich. Ich konnte ES zeichnen, mein DASEIN, viel, viel zeichnen. Auch meine AUSgezeichnete Bibel ist nun für die Öffentlichkeit bereit, Freude herrscht. Info: www.carmencabert.ch
Dankbar für diesen kraftvollen Atelieraufenthalt, für die Freiheit des Schweigens und des Daseins, bin ich der Stiftung der Kartause und all meinen liebevollen Begleitern auf meinem Weg, im Diesseits, im Jenseits und im Überseits.
Herzlich und bis bald, Carmen Cabert

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Carmen Kartause

März/April 2018

Vom 26. März bis zum 21. April habe ich in der Künstlerklause IV gewohnt. Als Bildhauerin arbeite ich gerne mit textilem Material und so habe ich einen Vorrat an unterschiedlichen Hanfschnüren, Kupferdraht und ein paar begonnene Arbeiten mitgebracht, um in der ruhigen und konzentrierten Athmosphäre der Klause neue Formen zu entwickeln.
Durch die Abwesenheit von Autolärm, Fernsehen, Radio und Computer - ich hatte nur ein Smartphone dabei - war ich ganz auf mich und meine unmittelbare Umgebung angewiesen. Es war erstaunlich, wie intensiv ich dadurch alle meine Handlungen, die Klause von 1621 und die Natur erlebt habe. In den eindrucksvollen Gartenanlagen konnte ich Tag für Tag das Wachsen und Blühen der Pflanzen beobachten und mir fiel auf, wieviele verschiedene Vogelarten dort zu Hause sind.
Durch meinen Namen hatte ich immer schon ein besonderes Verhältnis zu Schafen. Auf der Weide im Hof waren bei meiner Ankunft fünf Engadiner Schafe. Auf einmal kamen Zwillingslämmer auf die Welt, dann noch zweimal Zwillinge und zweimal einzelne Lämmer, so dass es am 13. April 13 Schafe waren!
Die intensive Zeit in der Kartause Ittingen hat mich auf jeden Fall verändert und ich bin gespannt darauf, wie das in meinen Skulpturen sichtbar werden wird.
Heike Schaefer

Instagram: heike_schaefer_sculpture

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5 Heike Schaefer work in progress

November / Dezember 2017

Vom Glück, in der Mönchsklause zu wohnen
Meine vier Wochen in der Klause, was für ein Geschenk, was für ein Zauber, eingehüllt in so wohltuende Einfachheit und Stille. Die Tage verstrichen in Zeitlosigkeit und schreibend bis in die Nacht hinein, mitten im Projekt und doch so weit weg vom Alltag mit seinen Gewohnheiten. Alles, aber auch alles hat dazu beigetragen, dass ich eine kreative, arbeitsame und gleichzeitig wunderbar entspannte Zeit erleben durfte. 
Die neblig-mystische Novemberstimmung hat meinen Blick ganz nach innen richten lassen, perfekt für mein Buch über Klöster. Ganz den Regeln der Kartäuser folgend, breitete sich ein grosses Schweigen aus. Ah, was für ein Jubel... Jeden Morgen das Spiel mit dem Feuer, damit es lodert im smaragdgrünen Kachelofen, der eine so wohlige Wärme bereitet. Dann der rituale Gang zum Thymianlabyrinth, meine Mitte findend. Oder in den Ittinger Wald. Oder in den "Raum der Stille" - mit seiner so gründlichen Stille. 
Jeden Tag aufs Neue habe ich mich inspirieren lassen von dem Reichtum hier, bin durch die jetzt schlafenden Gärten mäandert oder im Museum verschwunden...hinter den wunderbaren Bildern von Adolf Dietrich oder in der verstummten Bibliothek, oder fasziniert eingetaucht in die himmlisch übermütige Barockzeit oder in die radikale Welt der Kartäuser. 
All dies schliesse ich sorgsam in mein Herztuch ein und hüte es. Ich werde es brauchen können, wenn der Wind des Alltags wieder rauer weht, für kältere Tage. Noch ein Kerzlein anzünden am 1. Advent 2017, noch eine Vollmondnacht, noch einmal Feuer machen. Die Koffer sind gepackt... voller Glück, ein bisschen Wehmut ist auch drin. Im Gepäck auch all die Gespräche, das Lachen, die Freude mit den herzlichen Menschen, die mir hier und dort begegnet sind. 
Das Wahre, Schöne, Gute, so nah ist es hier - so sehr habe ich es genossen. 
Merci vielmals! Bis zum nächsten Mal...
Von Herzen alles Gute.  K.B

Oktober 2017

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Ja - voller Spannung und Neugierde habe ich meinen Aufenthalt in der Klause begonnen! Eine Atmosphäre, erfüllt von Ruhe und Stille, ein langer Tisch und ein Holzofen haben mich empfangen und Erinnerungen an meine Kindheit geweckt. 
Und es tat gut, das Holz zu schleppen, die Treppen hoch, urchig war angesagt! Und erst noch das knisternde Feuer - die Stimmung einer anderen Welt hat mich eingeholt. 
Das Glöckchen, wie es läutete zu den Gebetszeiten: Es klang heimelig, hell und warm. Der wunderschöne Kachelofen lud mich ein, anzulehnen, mich zurück zu versetzen in die Stube der Kindheit bei den Grosseltern. Auch das Frieren und Zähneklappern der ersten Nächte: Schnell entdeckte ich die wohlige Freude für eine Bettflasche. 
Ich habe über den Lebenskontext der Kartäuser nachgedacht. Vieles davon lässt sich in unsere Welt übertragen, könnte ermuntern zu mehr Stille im Alltag.
Ganz wichtig war, alte verstaubte Kontexte loszulassen. Manchmal mit ein paar vertrockneten Tränen, etwas Wehmut, aber der Überzeugung: Das Leben wird rückwärts verstanden, aber vorwärts gelebt. 
Ich habe sie genossen, die Stille, den Blick aus dem Fenster, durch die Rosenbüsche und ich habe fotografiert, geschrieben, Bilder gemalt. Ein Buch mit Texten und Bildern zur Klause V kann bei mir bestellt werden und meine Bilder und Fotos warten nun auf eine Gelegenheit, in einer Ausstellung präsentiert zu werden. 
Danke von Herzen für diese grosse Chance!
Ida Herzig-Graf

September / Oktober 2017

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Als ich am 1. September mein Atelier-Häuschen bezog, fing es abends an zu schütten und zu stürmen. Ein völlig durchnässter Marder sprang aus der tiefschwarzen Dunkelheit des Gartens aufs Fensterbrett und starrte mit grossen, nassen Augen durch die Glasscheibe in das Licht der kleinen Tischlampe. Am liebsten hätte ich ihn reingelassen...Statt dessen suchte mich nachts ein Schwarm Mücken heim, ich tat kein Auge zu.
Am Morgen aber wurde alles gut: Ich packte Skizzenbücher, Stifte und Pinsel ein und zog über den Seerücken, hielt überall an, um Kühe, Schafe, Schweine in der herbstlichen Landschaft zu zeichnen. Fuhr weiter an den Schweizer Untersee: Mammern, Steckborn, Berlingen, Ermatingen, Gottlieben.
Überall habe ich meinen Schemel aufgeklappt und Stunden, Tage, ganze 6 Wochen lang "meine" Landschaft am See zeichnerisch erforscht. Zwischendurch habe ich meinen Eindrücken am Zeichentisch in der Atelier-Klause nachgespürt.
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Mitte Oktober dann, konnte ich - mit viel Wehmut im Herzen - jedoch glücklich und erfüllt vom wunderschönen Aufenthalt in Ittingen mit einem reichen Zeichen-Schatz nach Hause fahren und ins druckgrafische Atelier, wo viele Radierungen zu meiner See-Landschaft entstehen sollen.
Mit sehr herzlichem Dank
Susanne Smajic
Mehr zu meiner Person:


August 2017

Der Gang ins Kloster also. Kein August in fernen Gefilden, keine Südostasienreise, kein Islandroadtrip, sondern ein einmonatiger Aufenthalt in einer ehemaligen Kartause. Weder in New York, Berlin oder Tokyo, sondern - Schockschwerenot!- im Thurgau.
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Als mich der Abwart durch die Klause führte - grüner Kachelofen, Holzboden, Holztisch, einglasige Fenster, dicke Mauern - befand ich mich in einer Zwischenpause, wie es sie nur einmal im Leben gibt. Mein Erstling Das Fleisch der Welt war noch nicht erschienen, sondern liess noch einige Wochen auf sich warten. So war ich zugleich Autor und Nicht-Autor. Eine seltsame Situation, die ich nutzen wollte, im Stillen Entwürfe zu einem neuen Projekt anzufertigen.
Anfänglich blieben das Gebäude und ich in repektvollem Abstand. Die mönchische Atmosphäre war ungewohnt. Denn auch wenn das Kloster bereits 1848 geschlossen wurde, um die kantonalen Kassen aufzubessern: die Klause schien weiterhin aufgeladen von der jahrhundertelangen Konzentration auf eine inzwischen verloren gegangene geistige Welt. Die Klause steht schon lange da und sie wird auch noch dastehen, wenn man längst unter der Erde liegt. Klar, will sie Respekt. Klar, will sie einwenig Unterwerfung. Hat man sich einmal unterworfen, kann die Arbeit beginnen. 
Mein Versuch, mich in mönchischer Disziplin zu üben, scheiterte zwar - statt wie geplant um fünf Uhr aufzustehen, schlief ich bis neun oder zehn - doch gelang es mir dennoch, Tag für Tag zu schreiben. Nach vier Wochen hatte ich einen rund 65-seitigen Entwurf zusammen. Damit bin ich ziemlich zufrieden. Und nicht nur das. Auch ein Stück Stille habe ich mitgenommen und kann darauf zurückgreifen, wenn ich sie brauche. 
Weitere Eindrücke, die bleiben: Das Plätschern des Brunnens im Grossen Kreuzgarten, das man, wenn gerade keine Besucher da sind, ganz für sich hat. Die Veränderungen des Himmels vor dem Schreibtischfenster - rundherum Grün, darüber Wolken, gebundenes Himmelswasser, die teils wie Kühe auf einer Wiese liegen, um sich Stunden später bedrohlich aufzutürmen.
Das Licht am Abend, das die Hügel am Ende des Horizonts blau erscheinen lässt. Das ist übrigens die Stunde der Igel. Einer durchquerte jeden Abend den Garten und rollte sich zusammen, als ich ihn begrüssen wollte. Die drei Milane, die über dem Gelände kreisen. Das Zirpen der Grillen zum Zeichen, dass die Nacht angefangen hat. Das schwarze Eichhörnchen, das so tut, als gehöre das Gelände ihm allein. Un die Schafe, die um den "Loop" grasen und sich mit jedem, der vorbei will, ein Wettstarren liefern. 
Ich danke der Kartause Ittingen für die Gelegenheit zu Stille und Konzentration. Sehr gerne komme ich wieder. Wenn nicht als "Writer in Residence", dann zumindest als Besucher. 
Adam Schwarz,
Schriftsteller
"Das Fleisch der Welt" ist inzwischen im Zytglogge Verlag (Basel) erschienen / Foto: Iris Meier.

Juni / Juli 2017

Als ich im letzten Herbst die Zusage erhielt, sechs Wochen lang in einer der Mönchsklausen in der Kartause Ittingen als "Writer in Residence" wohnen und arbeiten zu dürfen, war meine Freude gross. Ich befand mich gerade mitten in der Erstfassung des Psychothrillers Schockfrost, den ich zusammen mit meiner Autorenkollegin Petra Ivanov schrieb. Im Juni / Juli, wenn mein Künstleraufenthalt stattfände, so rechnete ich damals aus, würde ich an der Überarbeitung des Manuskriptes sein. Und genau so war es. Das Schreiben eines Buches ist weniger ein Warten auf den berühmten Musenkuss, sondern verlangt Disziplin, Hingabe und Herzblut. Und ein ruhiger, grüner Ort wie die Kartause Ittingen trägt sicherlich das Seine dazu bei, dass die Worte nur so fliessen!
Dazwischen habe ich immer wieder erfrischende Waldspaziergänge genossen, an würzigen Kräutern im Klostergarten geschnuppert, mir in der Küche der Klause feine vegetarische Gerichte gekocht und mir ab und zu ein Essen im Restaurant Mühle gegönnt, das jedesmal ausgezeichnet war. Mehrmals besuchte ich das Klostermuseum und stellte mir vor, wie die Mönche hier gelebt hatten.
Die sechs Wochen sind sehr schnell vorbeigegangen.
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Die Überarbeitung von Schockfrost ist nun beendet, das Lektorat auch, bald geht das Buch in Druck. Es ist meine 17. Veröffentlichung. Der Thriller erscheint in diesem Herbst im Unionsverlag. Und wie immer, wenn der Schreibprozess abgeschlossen ist, ist da eine Befriedigung nach der Arbeit, eine Wehmut, die liebgewonnenen Figuren loszulassen – und eine Vorfreude auf das physische Buch.
Einen grossen Dank an die Kartause Ittingen für diese Möglichkeit, die ich hier hatte, in der Stille an meiner Geschichte zu arbeiten.
Mitra Devi, Krimiautorin

März 2017

Mein Ashram in Mostindien
Im März 2017 halte ich mich zum dritten Mal im Kartäuserhäuschen auf, um hier in grosser Ruhe ein Projekt auszuarbeiten.
So entstanden 2011 neun Originale zu handschriftlichen Manuskripten des Schriftstellers Gerold Späth. Und andere Werke. 2014 ergaben sich eine Anzahl Objekte aus Holz und Laken, Abfallholz der kartauseeigenen Schreinerei. Zusammen bilden sie eine Installation zum typischen einfachen Leben in der Klause. Nun entstanden drei Masken aus Ton.
Hier gibt es weder Mönche noch Trappisten. Aber, hier finden viele Methoden starken Ausdruck: Achtsame Einsicht, Handwerk, Sprache - alles Kultur.
Im Kunstmuseum Thurgau waren 2011 Videoinstallationen von Marina Abramovic und Roman Signer zu sehen, 2013 der imposante Scheiterturm von Tadashi Kawamata und zurzeit überrascht die ergreifende Installation von Glaser-Kunz im Kellergeschoss des Kunstmuseums. Es geht dabei um Kommunikation.
Geht es nicht auch um Kommunikation, wenn vom Klosterladen Zopf, Milch, Konfitüre aus eigener Produktion genossen, im Restaurant vom eigenen Wein gekostet werden kann und der Weg durch den Garten voller duftender alter Rosenstöcke führt? Selbst die Pferdeäpfel, für deren Düngung verwendet, kommen aus dem eigenen Pferdestall und man ersteht die Kohle vom eigenen Köhler.., an dieser Stelle könnte noch einiges mehr aufgezählt werden, aus jedem Bereich.
Hier wird also genau nachgedacht und hier wird gearbeitet. Vielleicht ist es diese Kombination, die bis in die Künstlerklause hineinwirkt, dieses fröhliche „Beschäftigt sein“, das zusammen zur Harmonie führt.
Dafür danke ich ganz herzlich!
Ursula Hirsch, Bildende Künstlerin

Februar 2017

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war es in den ersten Tagen in der Kartause Ittingen. So konnte ich die nötige Ruhe finden um mein kreatives Gnusch zu sortieren. Natürlich hat mich auch das einfache Leben in der Klause 4 wieder auf den Boden gebracht und mir einmal mehr gezeigt, dass weniger mehr ist. Der langsam erwachende Frühling  zog auch mich hinaus, nicht nur die emsigen Gärtnersleute der Kartause. Das Himmelsleiteri hinauf zur Martinskirche, den Weg durch den Wald, beim Chöhlerplatz vorbei, war jedes mal eine wohltuende Runde.
Ich betrachte es als grosses Geschenk, dass ich ein weiteres Mal in dieser kraftvollen Umgebung meiner späterwachten Leidenschaft nachgehen konnte.
Herzlichen Dank der ganzen Belegschaft welche mir immer freundlich und interessiert begegnet sind. 
Marianna Vlieland

Herbst 2016

BRIEF AN EINEN KARTÄUSER
Lieber Unbekannter 
Hier wohntest Du also, in dieser Mönchsklause, die mir als Schreibatelier dient. Ein hübsches Häuschen ist es, mit einem steilen Dach und einem hohen Kamin. Es ist das zweite in einer Reihe von vier. Ein Weg zwischen zwei Hecken führt hierhin. Durchgang verboten, aber das gilt natürlich nicht für uns. 
Der Grundriss hat sich nicht verändert, seit Du gegangen bist, aber ich nutze die Räume nun anders. Dort, wo Du Deine Werkstatt hattest, ist meine Wohnküche. In Deinem Wohnzimmer arbeite ich und im Andachtsraum schlafe ich, übrigens ausgezeichnet, aber nicht im engen Bettschrank wie Du damals. Vom Schreibtisch aus blicke ich auf den Garten und die Bäume beim Weiher. Dahinter erhebt sich der Weinberg mit der Martinskirche auf der Anhöhe. Diese Aussicht kennst Du wahrscheinlich nicht, denn am Ende des Gartens stand früher eine hohe Mauer. So konntest Du Dich besser auf das konzentrieren, wofür Du hier warst. 
Ich habe nicht sofort gesehen, dass die Mönchsklause an den Kreuzgang angeschlossen ist. Vor die entsprechende Verbindungstüre wurde zwischenzeitlich ein Brett gehämmert. Ich kann deshalb Deinen Schritten nicht mehr folgen, die an den Kreuzgärten vorbei zur Kirche führten, mehrmals täglich, auch mitten in der Nacht. Meine einzige Türe verbindet mich mit dem Garten. Und dort steht nun, wie gesagt, keine Mauer mehr, die mich eingrenzen würde. Ich kann gehen, wann ich will. 
Und das tu’ ich oft. Sobald sich der Herbstnebel löst, schnüre ich meine Wanderschuhe und steige die Himmelsleiter hoch. Ja, die Himmelsleiter, die würde Dir bestimmt gefallen. Rund zweihundert steile Stufen führen durch den Rebberg, nicht ganz in den Himmel, aber immerhin zum Wanderweg, zu den Kühen und Feldern, den Seen und Wäldern. 
Manchmal gehe ich frühmorgens in die Kirche und lausche dem Morgengebet. Ich sitze dann in dem für Mönche reservierten Chorgestühl, vielleicht auf Deinem Stammplatz oder Dir gegenüber. Das würde Dich erstaunen, nicht wahr, denn Frauen waren früher nicht zugelassen, auch nicht im hinteren Teil der Kirche, wo Gäste aus dem Dorf sassen. 
Ich denke viel an Dich, jeden Mittag zum Beispiel, wenn mein Magen knurrt und ich auf das Türchen in der Wand schiele. Dahinter versteckt sich eine Durchreiche. Doch auch sie ist nicht mehr in Betrieb. Denn auf der anderen Seite ist kein Laienbruder mehr, der die Mahlzeiten vom Kreuzgang her bereitstellt. Habt ihr euch eigentlich gekannt? Ich weiss, die Durchreiche ist verwinkelt, damit Du mit der Person auf der anderen Seite keinen direkten Kontakt hattest. Aber ist Dir nicht manchmal ein Dankeschön entwischt und hat Dir der Laienbruder daraufhin nicht etwa einen guten Appetit gewünscht und hat sich daraus nicht ein kurzes Gespräch ergeben? Oder hast Du absichtlich gewartet, bis er das Türchen auf der anderen Seite wieder geschlossen hat, bevor Du Deine Mahlzeit genommen hast? 
Wie auch immer, lieber Unbekannter, mein Aufenthalt hier in der Klause neigt sich dem Ende zu. Denn Zeit ist vergänglich, das weisst Du ja. Eure Sonnenuhren an der Fassade erinnern daran. Täglich huscht der Schatten vorbei und wem das noch nicht deutlich genug ist, der sei mit dem aufgemalten Totenschädel daran erinnert. Doch Vergänglichkeit hin oder her, ich nehme nun die Türe zur Aussenwelt, die einzige Türe, die ich kenne, und tauche ein in neue Lebenswelten. In Gedanken nehme ich Dich mit. 
Dankbar fürs Gastrecht, Alexandra von Arx

August 2016

Drei Krähen teilen sich die grosse Linde beim Teich. Eine stösst ihr "Krah-Krah" jeweils viermal hintereinander aus, die zweite tut das nur immer einmal, dann wechselt sie den Baum und bei der Dritten klingt es wie ein trockener Husten. Ich wünschte ich hätte eine Krähe. Sie wäre meine Augen. Sie wäre mein Gefieder. Sie wäre meine Freiheit und ich gäbe ihr all meine Liebe die sie verschmähte. Sie wäre pure Schwärze und schliefe auf meinem Kopf. Sie risse mir jede Nacht ein Haar aus. Sie bliebe bei mir, bis kein Haar mehr meines wäre.
Schnell holt einen hier die Natur ein. Birnen reifen während ich schreibend unter dem Sonnenschirm braun werde. Sternschnuppen verzaubern die Nächte während ich schlaflos auf der kleinen Wiese vor der Klause liege und nach Wünschen fische. Täglich ein Pendel sein, zwischen Eins mit sich, der Ruhe, der Natur, gegenüber dem Ich das einsam in meinem Kopf hängen bleibt.
Fremde Hochzeiten tanzen vorüber, streifen die Hecke der Klause, spähen verstohlen durch die Lücken. Ein Gefühl gleich der Ruhe vor dem Sturme, der jedoch nie kommen wird.
Manchmal gerate ich ins Schwärmen und prahle von der blauen Ringelnatter, die sich auf meinem Fuss sonnte, dem Rotschwanz der zutraulich neben mir auf dem Tisch sass und neugierig zusah wie meine Finger über die Tasten flogen, von der hübschen Maus die täglich ihre Portion Cornflakes bei mir abholte oder von dem rötschen Eichörnli dass sich zu mir auf die Treppe setzte und mich mit schrägem Kopf musterte. Es ist idyllisch hier, ich möchte gar nicht glauben, dass es noch ein anderes Leben gibt. 
Wie schnell die Tage vorübergehen, die Zeit, die verbleibt, zusammenschnurrt. Im Hier und Jetzt sein wieder erlernen, denn eigentlich bewohnt mein Körper zwar die Erde doch in meinem Kopf wandle ich in anderen Welten. Es ist leicht, sich an diesem schönen Ort zu verlieren. Ich sehe, wie die Sonne wandert. Ich bekomme Stress. Der vorletzte Tag hier will genutzt werden. Ich nutze mich an ihm ab. 
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Es ist Zeit zu gehen. Tief einatmen. Das Versprechen, wieder zu kommen. Ich packe meine Sachen und lege sie in meinen Kopf. Mein Kopf wird dabei immer voller bis er ganz heiss und chaotisch ist. Ich setzte mich noch einmal auf die Treppe. Die Treppe will auch in meinen Kopf. Sie passt noch hinein. Auch die Cornflakes-Maus findet darin noch ein Örtchen. Für Anderes findet sich kein Platz mehr in meinem Kopf und so wird es hiergelassen werden. Ich bin froh, froh bin ich um die Treppe mit der Morgensonne, die mit mir kommt und froh mache ich mich auf den Weg. 
©Jennifer König, 2016

Die nächste Geschichte
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ist nur ein paar Meter weit, gleich hinter der hohen Hecke, die sie von der Stille trennt.
Schritte knirschen auf dem Kiesweg, man versucht herauszuhören, ob da ein alter Mensch geht, der an vielen Orten war, oder ein junger, den es an viele Orte zieht. Eilt er oder lässt er sich Zeit? Geht er gerne, wohin er geht, oder wäre er dankbar, wenn ihm ein Grund zur Umkehr einfiele? Stimmen rutschen durch die Hecke, ein Wort verheddert sich im Gestrüpp, ein Zuruf fliegt wie ein aufgeschreckter Vogel auf und verschwindet im Wäldchen bei den Weinbergen.
Neue Stimmen, man stellt sich ihre Gesichter vor, freut sich über ihre Freude, schmunzelt mit bei ihren Scherzen, bedauert, dass ein paar Silben sich in der Hecke verfangen haben.
Dann geht man ins Haus und will alle Geschichten mitnehmen, die einem zugeflogen sind. Einige rollen ins Gras, man lässt sie liegen, vielleicht sind sie morgen noch da. Und wenn nicht, kann man sich auf andere freuen, sie werden nur ein paar Meter weit sein, gleich hinter der hohen Hecke, die sie von der Stille trennt.
Text © Karl Rühmann / Foto © Franz Noser

APRIL 2016

ES WERDE …... WURDE UND WAR …
Verführerisch ist es, über den Aufenthalt in einem ehemaligen Kloster zu schreiben. Ich ertappe mich dabei, einen gefälschten Schöpfungsbericht aufzusetzen. Der Ort hier hat etwas von all diesem Schöpfen und Werden, von der Vision eines heilen, heilenden Fleckchens Erde. Global.net – klar. Ist`s uralte Sehnsucht nach paradiesischem Zu­stand? Und von dem Individu­alismus als Zeit-Ab-Druck geprägt, der modern ist und scham­los, also Jedem sein eigenes privates Paradies gewährt – das muss so sein, nicht wahr? So will`s das Paradies.
Das gab mir zu denken, ich spitzte die Ohren hinter den dicken und hohen Büschen im Garten bei meiner Klause. Denn ich saß ja nun hier in paradiesischem Verhältnis … und ich bekam einen Eindruck: Nicht nur von diversen Paradies/en, sondern auch von einer scheinbar besonderen Sorte Mensch, die sich eindeutig als »bessere Menschen« hier tummelten und scheinbar vergessen hatten, dass Rest von Menschen, grad nebendran, lebendig tun wollen an einem solchen Ort der Schönheit Natur, den alten Schichten Mauerwerk, dass Rest von Menschen leidenschaftlich sind und springen, hüpfen, singen und sich mit Kies bewerfen wollen … 
dazu fällt mir der Vater ein: Karfreitag war`s, und wir fünf Kinder von 14 abwärts: Jedes Lachen wurde gerügt an diesem Tag, psychologisch vernichtet – fünf Kinder und kein Lachen? Klavier spielte wer was Noten hergab – nix da war mit Klavier spielen. – Welch` Untat. Der Vater schlug den Deckel zu, ein vorwurfs­voll leidender Blick, heut` ist ein Trauertag … so ging`s den ganzen Tag. Und schulfrei war.
Fast bereue ich, meinen gefälschten Schöpfungsbericht nicht beendet zu haben, er wäre locker mir aus der Hand geflossen und wäre auf alle Fälle harmlos geblieben.
©Angelika Rudin 2016 Auszug aus »schnips/krips schimmel« Manuskript unveröffentlicht












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